Anfangsbetrachtung Unsere Demokratie hinkt der kognitiv-neuronalen Aufklärung hinterher
TEIL EINS Demokratie im Gehirn: Die sprachlichen Sockel politischen Denkens und Handelns
Kapitel Eins Wir tun ununterbrochen so, als ob: Wie wir Sprache begreifen
Kapitel Zwei Wie Sprache die Geschicke unserer Nation lenkt: Politisches Framing
Kapitel Drei Wie Politik greifbar wird: Konzeptuelle Metaphern
TEIL ZWEI Von gejagten Bürgern zu gefälligen Wetteraussichten: Ausgewählte Frames unserer politischen Debatte
Kapitel Vier Von viel Leid und wenig Freud: Steuern
Kapitel Fünf Der gedankliche Abbau unseres Gemeinschaftssinns: Sozialstaat
Kapitel Sechs Stark, reicher, am besten!: Gesellschaft
Kapitel Sieben Von den Privilegierten, die kränkelnd in der Falle sassen: Sozialleistungen
Kapitel Acht Geben ist seliger denn nehmen: Arbeit
Kapitel Neun Erlaubt, aber nicht vergönnt: Abtreibung
Kapitel Zehn Die berechtigte Panik vor den neuen Proto-Muslimen: Islam und Terrorismus
Kapitel Elf Kein Platz für kranke Passagiere: Zuwanderung und Asyl
Kapitel Zwölf Ein wenig Wandel und viele abgenutzte Energien: Umwelt
Schlusswort Demokratie heißt auch, Werte zu begreifen und sprachlich umzusetzen
Literatur
Politisches Denken ist bewusst, rational und objektiv - diese althergebrachte Vorstellung geistert bis heute über die Flure von Parteizentralen und Medienredaktionen und durch die Köpfe vieler Bürger. Doch die Kognitionsforschung hat die "klassische Vernunft" längst zu Grabe getragen. Nicht Fakten bedingen unsere Meinungen, sondern Frames. Sie ziehen im Gehirn die Strippen und entscheiden, ob Informationen als wichtig erkannt oder kognitiv unter den Teppich gekehrt werden. Frames sind immer ideologisch selektiv, und sie werden über Sprache aktiviert und gefestigt - unsere öffentlichen Debatten wirken wie ein synaptischer Superkleber, der Ideen miteinander vernetzen kann, und zwar dauerhaft. In der Kognitionsforschung ist man sich daher schon lange einig: Sprache ist Politik. Höchste Zeit also, unsere Naivität gegenüber der Macht politischer Diskurse abzulegen. Dieses Buch legt dazu den Grundstein. In einfacher Sprache deckt es zunächst auf, wie Sprache sich auf unser Denken, unsere Wahrnehmung der Welt und unser Handeln auswirkt. Es zeigt, wo die Wirkkraft mentaler Mechanismen wie Frames und Metaphern herrührt, und macht deutlich, wieso es für gesunde demokratische Diskurse unabdingbar ist, die Bewertungen von Gesellschaft und Politik durch vorherrschende Frames mit eigenen Wertvorstellungen abzugleichen - und für eine authentische Vermittlung der eigenen Weltsicht zu sorgen. Diesen Grundlagen folgt eine Analyse der augenfälligsten Frames unserer deutschsprachigen Debatten über Steuern, Sozialstaat, Gesellschaft, Sozialleistungen, Arbeit, Abtreibung, Islam, Terrorismus, Zuwanderung, Flüchtlingspolitik und Umwelt.
Elisabeth Wehling, geboren 1981 in Hamburg, studierte Soziologie, Journalistik und Linguistik in Hamburg, Rom und Berkeley. Sie promovierte in Linguistik an der University of California, Berkeley, ihr Forschungsbereich ist die politische Werte-, Sprach- und Kognitionsforschung. Seit 2013 leitet sie am International Computer Science Institute in Berkeley Forschungsprojekte zu Ideologie, Sprache und unbewusster Meinungsbildung mit Methoden der Neuro- und Verhaltensforschung sowie der kognitionslinguistischen Diskursanalyse. Sie hat zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und ist Koautorin von Auf leisen Sohlen ins Gehirn (Carl-Auer, 2008) und The Little Blue Book (Simon & Schuster, 2012), zusammen mit George Lakoff. Wehling lebt in Berkeley, Kalifornien und ist in den USA und Europa als Beraterin für Politik und Wirtschaft tätig.