Der große Osteuropa-Historiker Karl Schlögel lädt mit seiner Archäologie des Kommunismus zu einer Neuvermessung der sowjetischen Welt ein. Wir wussten immer schon viel darüber, wie «das System» funktioniert, weit weniger über die Routinen des Lebens in außergewöhnlichen Zeiten. Aber jedes Imperium hat seinen Sound,...
INHALT
Vorwort
Einleitung: Archäologie einer untergegangenen Welt
SPLITTER DES IMPERIUMS Baracholka im Ismailowski-Park, Basar in Petrograd Die sowjetische Welt als Museum Rückkehr auf den Schauplatz: Petrograd 1917 Der Philosophen-Dampfer und die Spaltung der russischen Kultur
CHAUSSEE DER ENTHUSIASTEN «USSR im Bau» - die Macht der Bilder Dnjeproges: Amerika am Dnjepr Magnitogorsk - die Pyramiden des 20. Jahrhunderts Schwarz und Weiß. Das Auge des Photographen Exkursion zum Bjelomor-Kanal Landschaft nach der Schlacht
SOWJETISCHE ZEICHENWELTEN Zeichen an der Wand Orden und Medaillen: Die Abzeichen auf der Brust Körpersprache. Der tätowierte Leib Moscow Graffiti. Am Anfang war der Futurismus Namen sind nicht Schall und Rauch
DAS LEBEN DER DINGE Packpapier, Verpackung Das Schicksal der Großen Sowjet-Enzyklopädie: Die Ordnung des Wissens im Tumult der Geschichte Galerien des Privaten: Der Porzellanelefant auf dem Regal Das Klavier im Kulturpalast Müll. Eine Phänomenologie der Ordentlichkeit «Krasnaja Moskwa»: Chanel auf Sowjetisch Stalins Kochbuch. Bilder vom guten Leben in sowjetischer Zeit
RÄUME DER FREIHEIT Geologen auf Expedition und andere Wege ins Weite, ins Freie Datscha: Tschechows «Kirschgarten» im 20. Jahrhundert Erholungsheime für die Werktätigen. Das Sanatorium als Geschichtsort
BINNENRÄUME Klingelschilder, Klingelzeichen Kommunalka oder Wo der Sowjetmensch gehärtet wurde. Der Alltag als Ausnahmezustand Das Interieur als Schlachtfeld Wohnheim / Obschtscheshitie: Soviet melting pot Zeltstädte, Barackenwelten: Halt fi nden in «Russia in Flux Palmen im Bürgerkrieg Das sowjetische Treppenhaus: Zur Analytik anonymer und anomer Räume Ilja Kabakows Installation - Die Toilette als zivilisatorischer Ort Moskauer Küche oder Die Wiedergeburt der Civil Society
LANDSCHAFTEN, ÖFFENTLICHE RÄUME Gorki-Park: Ein Garten für den neuen Menschen Das Diorama: Ausblick auf eine Landschaft mit Helden Shilmassiv oder Die Erhabenheit der Plattenbau-Gebirge Russkaja glubinka - Das Land jenseits der großen Städte
BIG DATA Spezchran. Katalog der verbotenen Bücher Diagramme des Fortschritts, Diagramme der Katastrophen
RITUALE Die Grenze bei Brest - Rites de passage Choreographien der Macht. Paraden auf dem Roten Platz und anderswo Ein «Tempel der Moderne» - das Krematorium SAGS oder Riten der Ordnung des Alltags Die Warteschlange als sowjetischer Chronotop «Was hatten wir doch für Feste ...»
KÖRPER Fiskultura: Der Sowjetmensch als Athlet. Der andere Weg zu Kraft und Schönheit Kleider für den neuen Menschen oder: Christian Diors Rückkehr auf den Roten Platz Männliche Grazie. Nurejews Geste
KÄLTEPOL KOLYMA
SOLOWKI - LABORATORIUM DER EXTREME: DIE KLOSTERINSEL ALS KONZENTRATIONSLAGER
KORRIDORE DER MACHT K. im Labyrinth des sowjetischen Alltags Das «Haus an der Moskwa»: Wohnmaschine, Menschenfalle, gated community Die Aura des Telephonapparates und die Abwesenheit des Telephonbuchs
RAUSCHEN DER ZEIT Das Verstummen der Glocken Lewitans Stimme Back in the USSR. Tonspuren
FREMDES TERRITORIUM, KONTAKTZONEN, ZWISCHENWELTEN «The little oasis of the diplomatic colony» (George F. Kennan) . Im Journalistenghetto. Blick von außen, Zentrumsfi xierung Berjoska-Läden: «Oasen des Überflusses» Das Genie des Sammlers: George Costakis und die Wiederentdeckung der sowjetischen Avantgarde-Kunst
AUF DEN MAGISTRALEN DES IMPERIUMS: ZEITREISE INS RUSSISCHE 20. JAHRHUNDERT
RED CUBE. DAS LENIN-MAUSOLEUM ALS SCHLUSSSTEIN
DAS LUBJANKA-PROJEKT - ENTWURF FÜR EIN MUSÉE IMAGINAIRE DER SOWJETZIVILISATION
ANHANG Danksagung Anmerkungen Ausgewählte Literatur Nachweis der Abbildungen Personenregister
Der große Osteuropa-Historiker Karl Schlögel lädt mit seiner Archäologie des Kommunismus zu einer Neuvermessung der sowjetischen Welt ein. Wir wussten immer schon viel darüber, wie «das System» funktioniert, weit weniger über die Routinen des Lebens in außergewöhnlichen Zeiten. Aber jedes Imperium hat seinen Sound, seinen Duft, seinen Rhythmus, der auch dann noch fortlebt, wenn das Reich aufgehört hat zu existieren. So entsteht, hundert Jahre nach der Revolution von 1917 und ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Sowjetunion, das Panorama eines einzigartigen Imperiums, ohne das wir «die Zeit danach», in der wir heute leben, nicht verstehen können.
Karl Schlögel lehrte bis zu seiner Emeritierung Osteuropäische Geschichte an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Seine Bücher wurden mit dem Preis des Historischen Kollegs ("Historikerpreis") und dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.